Toter Fisch

Seit einiger Zeit geisterte das Gerücht durchs Fediverse, dass die Entwicklung der Fediverse-Software Firefish zum Erliegen gekommen sei. Das beunruhigte mich schon ein wenig, weil ich mich 1. in Firefish verliebt hatte, 2. eine Firefish-Instanz installiert hatte… nicht nur kurz zum Testen, sondern als längerfristigen Server im Fediverse und ich 3. auch ordentlich „Werbung“ für Firefish betrieben habe und sehr viele Stunden in die Firefish KnowledgeDB (ein Wiki) gesteckt habe.

Es wurde dann vor einiger Zeit noch eine neue Version (die aktuelle stabile Version war und ist 1.0.3) veröffentlicht, auf die ich dann auch umgestellt habe: 1.0.5-rc. Das „rc“ steht für „Release Candidate“. Das sind Versionen einer Software, die eine Betatest-Phase hinter sich gebracht haben und der endgültigen Version entsprechen sollten. Es ist sowas wie ein letzter „Betatest“, bei dem nur noch die letzten Fehlerkorrekturen erfolgen, bevor dann die finale Version veröffentlicht wird.

Das vermittelte mir den Eindruck, dass da doch noch etwas geht.

Im Fediverse wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass im Software-Repository nicht mehr viel passiert… das sei ein Zeichen dafür, dass das Projekt tot sei. Auch diese „Meldungen“ (ich hatte das ja auch selbst beobachtet) waren für mich durch die RC-Phase erklärbar. Während der letzten Phase der Softwareentwicklung, in der ein RC im Echtbetrieb getestet wird, passiert an der Software nicht mehr viel. Hier und da noch ein paar Feinschliffe, die eine oder andere Übersetzung… aber nichts grundlegendes oder beachtliches.

Bei größeren Projekten mag das anders sein, weil da dann schon von einigen des großen Entwicklerteams an der nächsten Version gebastelt wird, aber Firefish hatte ja ein kleines Team. Da stürzt man sich nicht schon vorher auf die Entwicklung der nächsten Version, wenn die aktuelle noch nicht veröffentlicht ist.

Das waren alles aber nur (begründete) Vermutungen meinerseits. Leider war es bei Firefish schon lange (mindestens seit ich es nutze) die Kommunikation nach Außen schlecht. Aber auch das ist ein Phänomen, das man von Open Source Projekten kennt.

Auffallend war aber die nachlassende Zahl derer, die noch irgendwie im Repo aktiv waren.

Dann erschienen in letzter Zeit auch noch vermehrt andere Forks von Misskey, die in die gleiche Richtung gingen, wie Firefish und sogar ein Firefish-Fork.

Die Stimmen, dass Firefish wohl tot sei, wurden mehr und lauter.

Schließlich gab es die Ankündigung eines weiteren Forks mit dem Namen „Catodon“… und dabei war die Besonderheit, dass sie von einem Kern-Mitglied des Firefish-Teams kam, von Panos.

Gestern nun platzte die Bombe.

Panos teilte mit, dass Firefish als Projekt faktisch tot ist. Das Hauptproblem lag wohl darin, dass Firefish, trotz gar nicht so kleinem Kernteams trotzdem ein One-Man-Show war. Der „Besitzer“ Kainoa hat das Projekt offensichtlich aufgegeben, ist kaum noch aktiv und auch quasi nicht erreichbar. Dem Rest des Kernteams sind aber, was Entscheidungen anbelangt, die Hände gebunden. Der Kapitän ist von Bord und die Mannschaft huckt gefesselt am Mastbaum.

Original-Post von Panos

Falls Sie es noch nicht bemerkt haben: Es sieht nicht gut aus für firefish. Sein Besitzer, Kainoa, hat das Projekt, dessen letzte stabile Version im Juli veröffentlicht wurde, praktisch aufgegeben. Meine letzte Nachricht an den Betreiber war vor einer Woche, und seitdem habe ich keine Antwort mehr erhalten. Firefish.social hat neben den anderen schwerwiegenden technischen Problemen, die es aufgrund von Missmanagement in den letzten Monaten hatte, nun auch ernsthafte Probleme mit der Föderation. Ich hoffe, dass es Kainoa persönlich gut geht, aber das ist unverantwortlich und inakzeptabel.

In der Zwischenzeit möchte ich mich für etwaige Unannehmlichkeiten im Zusammenhang mit Firefish entschuldigen, da ich technisch gesehen immer noch ein Mitglied des Kernteams bin, was auch immer das bedeutet. Aber ehrlich gesagt habe ich mich sehr bemüht, die Dinge anders zu gestalten – aber man kann nicht viel tun, wenn es sich um das Projekt eines anderen handelt. Es tut mir wirklich leid, wie die Dinge gelaufen sind.

Ich finde das ausgesprochen schade und bin traurig. Ich kann und will aber nun auch keine Fediverse-Instanz betreiben, die nicht mehr weiterentwickelt und auch nicht einmal mehr gepflegt wird. Ungepflegte Software ist ein Sicherheitsrisiko und auch keine zukunftsfähige Sache. Ich möchte sowas aber weder mir, noch den wenigen Nutzern meiner Instanz zumuten. Als Instanzbetreiber trage ich auch eine gewisse Verantwortung.

Als ersten Schritt habe ich Pepefish für die Registrierung neuer Accounts geschlossen. Es soll niemand aus Versehen noch einsteigen, um dann womöglich in kurzer Zeit eine neue Heimat suchen zu müssen.

Neue Heimat… das ist nun natürlich auch so ein Punkt. Es sind, wie gesagt, inzwischen einige Forks erschienen… Sharkey, Iceshrimp und nun auch Catodon.

Das ist einerseits eine tolle Sache, andererseits beruhigt mich das auch nicht wirklich. Solche Abspaltungen sind eine tolle Sache und meist herrscht anfangs auch eine große Euphorie, viele Helfer kommen dazu, viele probieren die Software aus… es passiert so einiges. Doch das ebbt irgendwann auch wieder ab. Und dann kommt es darauf an, dass das Kernteam ausreichend groß und engagiert genug ist, das Projekt auf Dauer fortzuführen. Und es ist, wie Firefish gerade gezeigt hat, wichtig, dass die Hauptverantwortung für ein solches Projekt tatsächlich auch auf mehrere Schultern verteilt ist und nicht auf nur einen oder zwei aus dem Team… denn wenn der oder die, aus welchen Gründen auch immer, aussteigen, ohne eine Nachfolge zu regeln, steht da die nächste „Bauruine“ in der Gegend herum.

Ich werde mit Sicherheit nicht sofort auf einen diese neuen Züge aufspringen, sondern diesmal wirklich genau hinschauen und auch deutlich länger abwarten, bevor ich eine eigene Instanz aufsetze.

Aber… auch wenn ich an das Weiterbestehen von Firefish geglaubt hatte (weil ich einfach daran glauben wollte), hatte ich mir schon länger Gedanken darüber gemacht, was denn eine Alternative sein könnte.

Na… wie wäre es denn mit dem „Ohrischinaaal“? Misskey existiert nun schon recht lange und wird noch immer aktiv entwickelt. Es hat eine große Userbase und auch eine große Zahl an laufender Instanzen.

So habe ich schon vor ein paar Wochen mal selbst eine Instanz aufgesetzt und mich damit befasst.

Perikey – meine öffentliche und für Registrierungen offene Misskey-Instanz

Ok… Firefish hatte schon einige Features mehr und es gab auch praktische Verbesserungen. Aber grundsätzlich ist Misskey gar nicht so weit weg vom jetzt toten Fisch. Kann man mit Firefish umgehen, findet man sich sehr schnell auch bei Misskey zurecht.

Inzwischen habe ich meine Kontakte herübergeholt und ich hatte es bis gestern „so nebenher“ zu laufen.

Nach der Hiobsbotschaft gestern habe ich mich nun entschlossen, meine Aktivitäten auf meiner Firefish-Instanz auszusetzen. Die Instanz bleibt vorerst noch am Netz. Bei der geringen Zahl an Nutzern kann ich auch jedem persönlich schreiben, die Schließung ankündigen, zu meiner Misskey-Instanz einladen und erläutern, wie man z.B. seine Kontakte mitnimmt.

Ich hoffe halt immer noch auf ein „Wunder“… aber spätestens in vier Wochen, wenn sich besagtes Wunder nicht abzeichnet, werde ich Pepefish vom Netz nehmen.

Die FirefishTalk-Gruppe lasse ich bestehen und werde in der Beschreibung ergänzen, dass dort nunmehr über alle Forks diskutiert werden kann.

Das in sehr vielen Stunden aufgebaute Firefish-Wiki nehme ich dann auch nicht vom Netz… ich werde vermutlich ein weiteres zu Misskey und Sharkey (vielversprechender Misskey-Softfork) aufbauen… dafür kann ich immerhin einiges an Inhalten übernehmen und leicht modifizieren.

Schade… aber anscheinend ist der Fisch wirklich tot…

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  • 31. Dezember 2023