Wenn der Strom versiegt...
Mike Macgirvin, umtriebiger und sehr aktiver Programmierer von Serveranwendungen, "Vater" von Friendica, Hubzilla, Zap, Osada und des Streams-Repo hat vor zwei Tagen mitgeteilt, dass er das Repository, und damit auch die Entwicklung des damit installierbaren (streams) Servers einstellt.
Der Hauptentwickler ging in den Ruhestand. Der CEO, der CTO und der CFO, die Marketingabteilung, die Technik, die Qualitätssicherung und der Bereich Investor Relations wurden alle entlassen.
Die einzige wesentliche Änderung im Hinblick auf den Kunden ist, dass ich morgen nicht mehr um 4:30-5 Uhr morgens aufstehe und mir 10-16 Stunden lang den Arsch abarbeite - zusätzlich zu all meinen anderen Aufgaben und Verpflichtungen.
Oder am Tag danach...
Gleichzeitig teilt er mit, dass das Repo bestehen bleibt und er es in vertrauenswürdige Hände übergibt... sofern es diese gibt. Allerdings hat er wohl wenig Hoffnung... und es gibt auch wenig Gründe für Hoffnung.
Normalerweise habe ich gerne Mitwirkende in verschiedenen Zeitzonen zur Verfügung, aber diese Software wurde so schlecht angenommen, dass dies einfach nicht passiert ist.
Tatsächlich war er, was (streams) anbelangt, "Alleinunterhalter". Er hat die Software praktisch als Einzelkämpfer fortentwickelt. Es fanden sich keine (oder nur für vereinzelte Kleinigkeiten) andere Entwickler ein, die daran mitgearbeitet haben oder das Repo geklont und zu einer eigenen Sache weiterentwickelt hätten, wofür es eigentlich gedacht war. Es wurde extra ohne "Markenidentität", ohne Logo und ohne Lizenz (als Public Domain) eingerichtet, in der Hoffnung, dass sich Entwickler daran bedienen und etwas eigenes daraus machen.
Nur passierte das halt nicht.
Mike scheint zu vermuten, dass es daran lag, dass die Software als unorganisiertes, lizenzloses Repo zur Verfügung stand... und von der Szene aufgrund dieser Eigenschaften nicht angenommen wurde.
Das kann durchaus sein. Ich persönlich glaube aber nicht, dass es an der Ablehnung der Grundidee lag sondern vielmehr daran, dass es aufgrund dieser Idee einfach zu unbekannt blieb. Eine Server-Software kann noch so genial sein... wenn niemand oder nur eine Hand voll Menschen mitbekommt, dass es sie einfach gibt, dann finden sich auch keine Entwickler ein, die sich daran beteiligen. Ich selbst bin auch nur zufällig darüber gestolpert (u.a. weil ich Mikes Kanal "folge") und habe es aus Neugier installiert.
Und Mike hat großes geleistet... bis hin zur Entwicklung der nomadischen Identität abseits von Zot/Nomad auch für ActivityPub.
Nun hat er kürzlich das Repo geforkt und wieder eine Server-Software mit "Markenidentität" und (unglaublich freier) Lizenz namens Forte ins Leben gerufen. Das ist - sehr vereinfacht gesagt - (streams) nur mit ActivityPub ganz ohne Zot/Nomad. Ich fürchte nur, er scheint damit nicht glücklich zu werden und sieht, dass er auch dafür reiner "Einzelkämpfer" bleiben wird. Und ich kann verstehen, wenn er keine Lust darauf hat, Lebenszeit in ein Projekt zu investieren, das schlicht nicht angenommen wird.
Ob und wie (schnell, intensiv...) Forte nun weitergeführt wird, weiß ich nicht. Es kursiert zwar das Gerücht, dass er es weiterführen will, aber seine Aussagen bei der Ankündigung des Endes von (streams) klingen nicht so positiv.
Jedenfalls ist das Streams-Repo jetzt erstmal verwaist. Ob sich jemand dieser tollen Software annehmen wird, steht in den Sternen. Der öffentliche "Druck" wird nicht allzu groß sein... eben weil kaum jemand (streams) kennt oder nutzt. Findet sich niemand, dann bleibt es so, wie es JETZT ist. Abgesehen davon, dass keine Weiterentwicklung gleichzeitig auch Stillstand ist, die einer noch nicht ausentwickelten Software wirklich nicht gut tut, werden so natürlich auch möglicherweise festgestellte sicherheitsrelevante Fehler nicht mehr beseitigt.
Springt also niemand ein, dann ist das Streams-Repo nur noch ein "Museum" (und vielleicht ein Quell für Anregungen) und (streams) selbst tot.
Welche Konsequenzen hat das nun für mich?
Nun, ich betreibe ja den (streams)-Hub Nomád. Ich werde die Entwicklung rund um das Repo jetzt ein, zwei Monate beobachten. Sollte sich wirklich niemand finden, der es übernimmt oder der ein (streams)-Repo daraus forkt, mit dem die Software fortgeführt wird, dann kann ich den dauerhaften Weiterbetrieb nicht mehr verantworten. Mir sind zwar keine sicherheitsrelevanten Fehler bekannt und es gibt nur hier und da ein paar kleinere "Unannehmlichkeiten", aber ich kann natürlich nicht dafür garantieren, dass nicht doch eine Sicherheitslücke existiert, die dann niemals geschlossen würde.
Vorerst habe ich Nomád für Registrierungen geschlossen.
Weil ich auch sehr wenig Hoffnung auf eine wundersame Rettung habe, würde ich auch allen, die einen Account bei Nomád haben, empfehlen, sich nach einer Alternative umzusehen. Wer (streams) mochte, dem kann ich Hubzilla ans Herz legen. Bei dem Projekt ist die Übergabe an andere Entwickler geglückt, wie auch bei Friendica... beides stammt ja auch aus der Feder von Macgirvin. Friendica wird seit 2010 kontinuierlich weiterentwickelt und verfügt über eine solide Entwicklerbasis. Und das gilt auch für Hubzilla, das seit 2012 (wo es noch Redmatrix hieß... es wurde 2015 erst in Hubzilla umbenannt) kontinuierlich weiterentwickelt wird. Hubzilla ist aufgrund seiner nomadischen Identität durch das Zot-Protokoll näher an (streams) als Friendica.
Ein Hub, der Registrierungen erlaubt ist leicht zu finden.
Leider sind (streams) und Hubzilla bezüglich der nomadischen Identität nicht kompatibel. Man kann also keinen (streams)-Kanal auf einen Hubzilla-Hub klonen. Das sollten sich die Nutzer meiner Instanz vor Augen halten, wenn sie Nomád intensiv weiter nutzen sollten. Wenn ich Nomád abschalte, dann sind die Inhalte weg. Kontakte kann man ja exportieren und übernehmen... die Inhalte kann man auch exportieren, sie sind aber bei anderen Instanzen nicht nutzbar.